In einem meiner letzten Meetings wurde ich einmal mehr daran erinnert, wie sehr eine Organisation von klaren Strukturen und gut gestalteten Prozessen abhängt. Die Szene war vertraut: Ein Taskboard voller Aufgaben, bei denen mehrere Personen gleichzeitig als „verantwortlich“ markiert waren. Verwirrung. Doppelarbeit. Stillstand. Und am Ende die Frage, die den Raum füllte:
„Wer ist hier eigentlich zuständig?“
Was auf den ersten Blick wie ein technisches Problem aussieht, ist in Wahrheit eine Frage der Prozessoptimierung. Denn wenn niemand weiß, wer entscheidet oder handelt, liegt das oft an unklaren Rollen, fehlender Struktur und zu wenig Durchlässigkeit in den Abläufen.
Im Star Model von Jay R. Galbraith ist Struktur einer von fünf zentralen Gestaltungsbereichen. Sie entscheidet darüber, wo Verantwortung liegt, wie Entscheidungen getroffen werden und wie Arbeit aufgeteilt wird.
In der Praxis zeigen sich strukturelle Fragen oft überraschend deutlich:
Wenn ein Taskboard keine Klarheit schafft, sondern Unklarheit stiftet, ist das kein Zufall. Sondern ein Zeichen dafür, dass Strukturen hinterfragt werden sollten.
Wenn Struktur das Skelett einer Organisation ist, dann sind Prozesse ihr Kreislaufsystem. Sie bestimmen, wie Informationen fließen, wer worüber spricht, und wie Entscheidungen zustande kommen.
Laut Galbraith lassen sich Prozesse in zwei Dimensionen unterscheiden:
z. B. Planung, Budgetierung, Strategieentwicklung
teamübergreifende Zusammenarbeit, agile Steuerung, neue Produkte oder Services
Gerade in der Selbstorganisation zeigen sich Schwächen in Prozessen oft besonders deutlich. Wer ist entscheidungsbefugt? Wer moderiert? Was passiert, wenn etwas nicht funktioniert? Ohne diese Prozessklarheit wird Zusammenarbeit zäh.
In meiner Arbeit begleite ich Organisationen, die sich im Umbruch befinden: weg von klassischen Hierarchien, hin zu kreisbasierten Modellen oder holakratischen Strukturen. Dabei wird oft übersehen:
Auch Selbstorganisation braucht Strukturen und Prozesse.
Holakratie ist ein Organisationsmodell, das auf der Idee basiert, Entscheidungsgewalt nicht bei Personen, sondern bei Rollen zu verankern. Diese Rollen sind in sogenannten Kreisen organisiert, die miteinander in Beziehung stehen. Innerhalb eines Kreises werden Rollen definiert, Verantwortlichkeiten geklärt und Spannungen regelmäßig in strukturierten Meetings bearbeitet (z. B. Governance-Meetings oder Tactical Meetings).
Zentrale Prinzipien der Holakratie sind:
klare, dynamisch anpassbare Rollen
dezentrale, rollenbasierte Entscheidungsprozesse
transparente Regeln und Abläufe
regelmäßige Reflexions- und Anpassungsformate
Die Methode wurde von Brian Robertson entwickelt und ist z. B. in seinem Buch „Holacracy: The New Management System for a Rapidly Changing World“ (2015) umfassend beschrieben.
Was nach maximaler Freiheit klingt, verlangt in Wirklichkeit ein hohes Maß an Klarheit, Disziplin und Strukturpflege. Genau deshalb ist Holakratie kein „strukturloses“ Modell – sondern ein hoch formalisiertes Betriebssystem für Selbstorganisation.
Weitere Infos z. B. unter: https://www.holacracy.org
In dem eingangs beschriebenen Meeting war am Ende nicht die Technik entscheidend. Sondern die Entscheidung, in jeder Aufgabe zwischen „Responsible“ und „Support“ zu unterscheiden.
Ein kleiner Schritt mit großer Wirkung. Denn Klarheit entsteht nicht durch Tools, sondern durch Gespräche. Durch Reflexion. Und durch den Mut, sich mit scheinbar Selbstverständlichem ehrlich auseinanderzusetzen.
Was ich Organisationen mitgebe:
Denn Prozessoptimierung ist kein Projekt. Sondern ein fortlaufender Dialog. Und Selbstorganisation kein Ziel, sondern eine Praxis.
Du willst mehr Klarheit in deinen Prozessen? Lass uns ins Gespräch kommen!